Februar

Editorial

Liebe Freunde, Kollegen, Medienschaffende,

Neulich im Bus. Neulich auf der Straße. Neulich wo auch immer? Das neue Jahr ist noch nicht besonders alt.
Der Wahnsinn indes grüßt schon wieder an jeder Ecke. In jeder Dimension. Politisch wie privat. Vorsätze für mehr Struktur, Besserung, Lässigkeit, gerechte Empörung, Vernunft – was auch immer … scheinen bereits unter den Rädern? Zeit sich coachen zu lassen!
Wir haben dafür den wunderbaren Bernd Raguse gewonnen. Der hat einen Blick für die Befindlichkeiten seiner Mitmenschen und gibt am Ende dieser Ausgabe von Escapade-belles-lettres noch den perfekten Tipp für mehr Entspannung…
Als aufmunternde visuelle Begleitung zeigen wir dazu die Bilder des Bochumer Fotokünstlers Jörg Flor, der uns sofort in seinen schwarz-weißen Bann gezogen hat.

Also entspannt euch. Es wird auch wieder bunter.

Eure,
Silke Vogten und Flora Jörgens

Titelfoto: Jörg Flor


Fotografie: Jörg Flor

# sprachlos
Teil 1: Neulich im Bus

Neulich früh morgens im Bus

Ich bin vertieft in einem Wirrwarr zusammenhangloser
Gedankenfragmente.

Mir gegenüber, nennen wir sie Romina, sitzt eine junge Dame mit
Smartphone unterhalb des Kinns.

Sie spricht ca. 30 Sekunden (hinein): „Hallo Gina, es ist da……..das Geld
vom Amt…….jetzt geh‘ ich mit Shania-Fabienne Handy kaufen……hab‘ ich
versprochen……mach‘ ich jetzt……“

Romina blickt dann aufgeregt auf ihr multifunktionales Allzweck-Tool.

Na endlich: „Sie haben eine Sprachnachricht“. Sie hält den Laberknochen
fix ans Ohr und lauscht ca. weitere 30 Sekunden den offensichtlichen
Wendungen des Aufgesprochenen.

Sie spricht: „Toll, dass Du endlich Job hast………da wünsche ich Dir viel
Spaß heute am ersten Arbeitstag…..mach’s gut………..war die Marina mit
Dir eigentlich Wohnung gucken?….“

Starrer Blick auf den Schnackomat.

Nach einer, ihr deutlich ansehbar, gefühlten Ewigkeit der erlösende Ton
der Glückseligkeit.

Sie nimmt das Zweithirn ans offensichtlich heiß-rote Ohr. Der Inhalt der
Nachricht könnte von Experten bestimmt am hin- und her rutschen auf dem
Sitz, Kopf wippen und Augenbewegungsmustern dechiffriert werden.

Der Taschenbimmel wandert noch einige Male vom Ohr unter das Kinn und
zurück.

Nach 20 Minuten gemeinsamer Fahrt verlasse ich diese Szenerie des Stop
& Talk sprach- und grußlos.

Ich stelle mir in meinem Leben viele, manchmal viel zu viele, Fragen.
So auch diese: Was wäre, wenn Gina und Romina einfach miteinander
telefoniert hätten?

Bernd Raguse


Fotografie: Jörg Flor

# sprachlos
Teil 2: Neulich im Gourmettempel

4 junge Leute am Nebentisch,
den Blick steif und schrittwärts auf ihr Smartphone gerichtet
Nennen wir sie Lisa, Max, Paul und Marie.
Lisa: „Krass, habe schon 20 likes!“
Keiner reagiert bzw. schaut auf.
Max: “Dortmund führt 2:1“
Paul: „Ah ja. Gegen wen?“
Keine Reaktion
Marie: „Hi, hi, Fabi hat mir zurückgeschrieben. Der ist total süss“!
Beredtes Schweigen
Paul: „Der hat mir schon wieder so einen Mist geschickt. Den blockier‘ ich
jetzt“
Max: „Wer?“
Paul: „Kennst Du nicht!“
Max: „Man hat Dortmund Glück! Total unverdient!“
Paul: „Wer spielt denn?“
Keine Reaktion. Keiner schaut auf. Keiner spricht weitere 15 Minuten lang.
Lisa: „Hab‘ eigentlich gar keinen Hunger“
Marie: „War der Kellner eigentlich schon da?“
Max: „Nö!“
Paul: „Lasst uns gehen. War echt nett mit Euch. Sollten wir wiederholen!“
Die 4 stehen auf und gehen.

Bernd Raguse

 


Fotografie: Jörg Flor

Angespannt genießen –
Die progressive Muskelverspannung

Schon gespannt?
Verspannt ist das neue Entspannt!

Begeben Sie sich in eine unbequeme Sitzposition.
Achten Sie auf Ihren Atem.
Atmen Sie 2 Sekunden kurz in die Brust ein und 30 Sekunden aus und genießen das aufkommende
Schwindelgefühl.
Wiederholen Sie diesen Ablauf noch 22 Mal.
Nun denken Sie an Entspannung und Ruhe, um diesen Zuständen durch die folgende Übung endlich
Adieu zu sagen.

Berühren Sie mit Ihrer Zungenspitze Ihren Nasenrücken. Gleichzeitig winkeln Sie das rechte Bein
an und stecken den großen Zeh in Ihr linkes Ohr. Das aufkommende Druckgefühl in Ihrem
Bauchraum nutzen Sie zum melodiösen Luft ablassen aus Ihrem Gesäß. Versuchen Sie damit
zumindest die erste Strophe von „(Darm-)Wind of change“ anzustimmen.
Fortgeschrittene können sich in der Position den Film „Gone with the (Darm-)Wind“ vollständig
anschauen.

Beenden Sie diese Figur, begeben sich wieder in eine unbequeme Sitzhaltung und verzichten
lediglich 60 Sekunden auf Ihre Atmung.
Können Sie die Verspannung und die Unruhe im ganzen Körper spüren?

Berühren Sie nun mit der Fußspitze des linken Fußes Ihren Hinterkopf, während Sie mit Ihren
Händen Ihre Klöppeltechnik als Luftübung verbessern. Atem anhalten nicht vergessen!

Beenden Sie diese Figur, begeben sich wieder in eine unbequeme Sitzhaltung und halten lediglich
weitere 90 Sekunden den Atem an.

Ist der ganze Körper unter Vollstress? Machen sich leichte bis mittelschwere Angst- und
Panikgefühle breit? Erleben Sie sich und die Umwelt wie unter einer Saugglocke?

Prima, dann können Sie diese Übung jetzt beenden. Ihr Zustand passt nun hervorragend zu Ihrer
Situation am Arbeitsplatz, und alles ist im Einklang!

Bernd Raguse


Fotografie: Jörg Flor

Die Künstler dieser Ausgabe….

Jörg Flor, geboren 1963, ausgebildeter Mediendesigner, lebt in Bochum, entdeckte vor Jahren seine Leidenschaft für die Fotographie. Sie ist bis heute seine große Liebe. Mit ihr drückt er Gefühle und Stimmungen aus. All das, was ihn bewegt, begleitet und interessiert. Hauptsächlich in den Genres Portrait und Abstrakt, und was noch so kommen mag. Immer auf der Suche… Mehr Fotos unter instagram Jörg Flor

Bernd Raguse, 1970 in Essen a.d.Ruhr geboren, lebt in Mülheim a.d. Ruhr. Nach fast 2 Jahrzehnten als Bankkundenberater in diversen „Showrooms“ in der Welt der (Bad) Banks erkannte er erschöpft, dass der Titel des Prokuristen für ihn ein Muster ohne Wert ist. Die Selbstbeobachtung und das Entblähen des eigenen Egos brachte die Wende. Seit 2010 ist er nun als Coach im 1:1 oder bei Seminaren Sparrings- und Reflexionspartner bei der persönlichen Weiterentwicklung und  Stressbewältigung. Als leidenschaftlicher Verbalakrobat schreibt er zudem aus unterschiedlichen Perspektiven über seine Wahrnehmungen. Mehr Infos auch unter: bernd-raguse.de

 

 

 

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